1. in geöffneter Loge
Ihr sollt keine privaten Beratungen und keine gesonderten Besprechungen abhalten, ohne daß es euch der Meister erlaubt. Auch sollt ihr nicht vorlaut und taktlos über etwas reden und den Meister, die Aufseher oder einen Bruder, der mit dem Meister spricht, nicht unterbrechen. Wenn sich die Loge mit ernsten und feierlichen Dingen befaßt, sollt ihr nicht Dummheiten machen und Scherz treiben und unter keinem irgendwie gearteten Vorwand eine unziemliche Sprache führen. Ihr sollt euch vielmehr ehrerbietig gegenüber Meister, Aufseher und Genossen benehmen und sie in Ehren halten. Wird eine Klage laut, so soll sich der für schuldig befundene Bruder dem Urteil und der Entscheidung der Loge stellen, die der eigentliche und zuständige Richter in allen derartigen Streitigkeiten ist, wo sie anhängig gemacht werden müssen – es sei denn, ihr ruft die Großloge an. Nur wenn die Arbeit für einen Bauherrn darunter leiden würde, darf ein Schiedsspruch gefällt werden. In dem, was die Maurerei betrifft, dürft ihr nie vor Gericht gehen, wenn es der Loge nicht unbedingt notwendig erscheint.
2. nach geschlossener Loge, wenn die Brüder noch beisammen sind
Ihr könnt noch in harmloser Fröhlichkeit zusammenbleiben, einander bewirten, wie es eure Verhältnisse euch gestatten, sollt dabei aber jedes Übermaß vermeiden. Ihr sollt keinen Bruder dazu verleiten, mehr zu essen oder zu trinken, als er verträgt, ihn auch nicht daran hindern, zu gehen, wenn Verpflichtungen ihn rufen. Auch sollt ihr nichts tun oder sagen, das verletzen oder eine ungezwungene und freie Unterhaltung unmöglich machen könnte. Denn das würde sich nachteilig auf unsere Eintracht auswirken und den guten Zweck vereiteln, den wir verfolgen. Deswegen dürfen keine persönlichen Sticheleien und Auseinandersetzungen und erst recht keine Streitgespräche über Religion, Nation oder Politik in die Loge getragen werden. Als Maurer gehören wir nur der allgemeinen Religion an, von der schon die Rede war. Unter uns findet man alle Völker, Zungen, Stämme und Sprachen; wir wenden uns entschieden gegen alle politischen Auseinandersetzungen, die noch niemals zum Wohle der Loge beigetragen haben und es auch niemals tun werden. Diese Pflicht wurde schon immer streng eingeschärft und befolgt, besonders aber seit der Reformation in Britannien oder seit dem Abfall und der Trennung unserer Nationen von der Gemeinschaft mit Rom.
3. wenn Brüder ohne Profane zusammenkommen, aber nicht in der Loge
Ihr sollt einander höflich grüßen, so wie man es euch zeigen wird, sollt euch Bruder nennen, euch ungezwungen gegenseitig unterrichten, wenn es angebracht erscheint, aber darauf achten, daß man euch nicht zufällig beobachtet oder belauscht. Ihr sollt einander nicht lästig fallen oder es an jener Achtung fehlen lassen, die man jedem Bruder schuldet, auch wenn er kein Maurer wäre. Denn obwohl sich alle Maurer als Brüder auf gleicher Ebene bewegen, nimmt die Maurerei doch keinem Menschen das Ansehen, das er vorher besaß, erhöht es vielmehr, namentlich wenn er sich um die Bruderschaft besonders verdient gemacht hat; denn sie erweist dem die schuldige Achtung, der sie verdient, und verwirft schlechte Formen.
4. in Gegenwart von Profanen
Mit Worten und in eurem Auftreten sollt ihr vorsichtig sein, so daß auch der scharfsinnigste Fremde nicht ausfindig machen kann, was sich zur Weitergabe nicht eignet; manchmal müßt ihr auch einem Gespräch eine andere Richtung geben und es geschickt zum Besten der ehrwürdigen Bruderschaft führen.
5. daheim und in der Nachbarschaft
Ihr sollt so handeln, wie es sich für einen anständigen und klugen Menschen gehört. Vor allem sollt ihr eure Angehörigen, Bekannte und Nachbarn nichts von dem wissen lassen, was die Loge angeht, sondern – aus Gründen, die hier nicht erwähnt zu werden brauchen euch verantwortlich fühlen für eure eigene Ehre und die der alten Bruderschaft. Ihr müßt auch auf eure Gesundheit Rücksicht nehmen, die Zusammenkünfte nicht zu lange ausdehnen oder nach Schluß der Loge noch zu lange von Hause wegbleiben, nicht unmäßig essen und trinken, damit ihr eure Angehörigen nicht vernachlässigt oder schädigt und euch selbst zur Arbeit unfähig macht.
6. gegenüber einem unbekannten Bruder
Ihr sollt ihn zurückhaltend in einer Weise prüfen, wie eure Vorsicht es angebracht erscheinen läßt, damit ihr nicht von einem unwissenden Betrüger zum Narren gehalten werdet. Mit Verachtung und beißendem Spott sollt ihr ihn abweisen, wobei ihr euch hüten müßt, irgend etwas von eurem Wissen preiszugeben. Erkennt ihr ihn aber als einen echten und rechtmäßigen Bruder, so sollt ihr ihm mit entsprechender Achtung begegnen. Ist er in Not, so müßt ihr ihm helfen, wenn ihr es könnt, oder ihn dorthin weisen, wo ihm geholfen werden kann. Ihr müßt ihm einige Tage Arbeit geben oder sonst dorthin empfehlen, wo man ihn beschäftigen kann. Aber niemand verlangt, daß ihr mehr tut, als ihr könnt; nur sollt ihr einen armen Bruder, der ein guter und aufrechter Mann ist, jedem anderen armen Menschen, der in der gleichen Lage ist, vorziehen.